Die Turmburg Alt-Berneck


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Die Turmburg Alt-Berneck   Foto (C) Dominic Day 2014  

 

Historische Hintergründe

Ein zeitgenössisches Beispiel einer Turmburg aus dem Codex Falkensteinensis (12. Jh.)

Die Anlage Alt-Berneck kann anhand von Keramikfunden, die der Bernecker Schulrektor Otto Schoerrig von 1936 – 1939 bei Ausgrabungen entdeckte, in das 11. und 12. Jh. datiert werden.

Die wahrscheinlichste Zeitstellung für die Erbauung ist das frühe 11. Jahrhundert, worauf einzelne Scherben sowie die Geschichte der Walpoten mit der Erstnennung im Jahr 1015 hindeuten. Die Burg dürfte die Stammburg der Walpoten gewesen sein, denn ein anderer Bauherr als dieses, dem Hochadel zuzurechnende Geschlecht, ist aufgrund der lokalen Geschichte und des für die Zeit außergewöhnlichen Bauwerks nicht vorstellbar.

Wann genau die Burg aufgelassen wurde, ist unbekannt. Allerdings benennt sich 1168 Ulrich II. Walpot erstmalig als „von Berneck“ (nebenbei: dies ist gleichzeitig die erste Ortsnennung) und im Jahr 1177 ist von einer neu erbauten Burg die Rede. Dieser Nachfolgebau der Alt-Berneck ist die so genannte Walpotenburg. Sie stand auf dem Platz der heutigen Burg Hohenberneck, Die Reste dieser Walpotenburg wurden im späten Mittelalter überbaut. Es ist also wahrscheinlich, dass in dieser Zeit die Burg Alt-Berneck aufgegeben wurde. Dies würde zeitlich auch ausgezeichnet mit der Datierung der gefundenen Keramik übereinstimmen.

Oberhalb der Burganlage findet sich auf der Hochfläche die Flurlage „Alte Berneck“. Hier wird sich wohl der Wirtschafthof der Burg und somit die Keimzelle des heutigen (Bad) Bernecks befunden haben, bevor diese im Zusammenhang mit der Neugründung auf dem Schloßberg an die heutige Siedlungsstelle verlegt wurde. Diese Verlegung der Stadt mag im historischen Gedächtnis noch länger verankert gewesen sein, denn Magister Will schreibt 1692, dass aufgrund der Hussitenüberfälle 1430 die Burg von ihrer alten Stelle, die noch Alt-Berneck heißt, an die heutige Stelle am Zusammenfluss des Knodenbaches mit der Ölschnitz verlegt wurde. Auch wenn hier historische Tatsachen in eine andere Zeit versetzt werden, so ist die Tatsache der Verlegung als solche evident.

Leider existieren weder zeitgenössische Quellen noch alte Ansichten der Burg.

Die Abbildung oben zeigt eine Turmburg, entnommen dem Codex Falkensteinensis aus dem 12. Jahrhundert. Die Bauform der Turmburg mit Ringmauer blieb noch weit in das Hochmittelalter die bestimmende Bauform.

 

Zur Typologie der Turmburg

Das Fundament des Turmes heute

In der Entstehungszeit von Alt-Berneck waren Steinburgen noch sehr selten. Das übliche, damals auch im Burgenbau eingesetzte Baumaterial war eher Holz. Entsprechend selten findet man auch erhaltene Überreste von frühen Turmburgen oder auch Motten (Turmhügelburgen, wie in Hermersreuth).

Bei der Anlage Alt-Berneck, die nach der Auflassung über die Jahrhunderte baulich nicht mehr verändert wurde, lässt sich der typische Aufbau der frühen Turmburg recht gut nachvollziehen: Im Zentrum stand ein mehrstöckiger, runder Wohnturm, dessen Eingang mit Sicherheit in einem oberen Stockwerk lag und nur über eine Treppe oder Leiter erreichbar war. Dieser Wohnturm war der dominante Baukörper der gesamten Anlage.

Um den Kernhügel herum war ein erster Bering aus Stein errichtet. Das Gelände der Alt-Berneck sowie die Lage der Funde lassen erkennen, dass es einen zweiten Bering gab – sehr wahrscheinlich nur als Palisade. Dieser beinhaltete auch die hölzernen Nebengebäude der Vorburg, denn der Wohnturm wurde als Palas von dem adligen Besitzer genutzt. Von der Angriffsseite war die Anlage durch einen Halsgraben geschützt, Wallanlagen auch in Richtung Ölschnitztal lassen sich noch gut erkennen.

Um die Bedeutung der archaischen Anlage, bei der ja kaum erhaltenen Baureste sichtbar sind, zu verdeutlichen, nehmen wir zum Vergleich die Burganlagen der burgenreichen Fränkischen Schweiz . Diese zählt 170 bekannte Burgen. Von diesen 170 Burgen sind lediglich 4 Burgen in das 11. Jahrhundert zu datieren. Von diesen 4 Burgen sind bei drei Burgen nicht einmal die genaue Stelle bekannt, auf der diese einst standen. Die vierte Burg (Adlitz mit walpotischem Ursprung) ist viermal zerstört, so dass die Substanz kaum mehr auf diese frühe Zeit zurückgeht. Es dürfte nur sehr wenige Burganlagen aus dieser Zeit geben, deren grundsätzliche Anlage mit Turmfundament, Bering, Nebengebäude und Wallanlagen noch so gut erkennbar ist wie in Alt-Berneck. Auch wenn es für den Baubestand weit bedeutendere Anlagen gibt (Waldschlössel, Burglengenfeld) so ist doch die seit der Auflassung der Burg überbauungsfreie Lage recht selten.



Rekonstruktion der Turmburg

 
Ansicht von Westen - Maßstab: 1:100
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Natürlich ist die Rekonstruktion mit Unsicherheiten behaftet. Eigentlich ist fast alles oberhalb der Fundamenten unklar. Dies ist jedoch der Normalfall, denn in Deutschland gibt es keine einzige erhaltene Turmburg dieser Zeitstellung.

Wir wissen aber, dass der Turm einen Hocheingang besaß und mit den gezeigten romanischen Fenstern mit Flächenverzierungen ausgestattet war. Der Plankenzaun ist eine Annahme, die genaue Anzahl der Bauten in der Vorburg ist ebenso unklar. Was sich rechts der Abbildung befand, vor allem die Gestaltung der Zugangs nach dem Halsgraben kann wohl nur nach einer Ausgrabung entschieden werden.

Die Rekonstruktion beruht auf den Ergebnissen einer Grabung des örtlichen Schulrektors Otto Schoerrig in der 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Geländemerkmale bieten weitere Hinweise. Ergänzungen wurden anhand der Rekonstruktion anderer Turmburgen derselben Zeitstellung vorgenommen. Die gezeigten Personen sind etwa 1,80m groß, Maßstab ist 1:100.

Für einen Rundgang über die Anlage ist die Darstellung jedoch gut geeignet. Sie betreten die Anlage von der rechten Seite.

 

Rundgang

Die nördlichen Burggräben. Foto (C) Dominic Day 2014
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Wir können die Burg besuchen, wenn wir vom Kurpark Bad Bernecks aus die Ölschnitz aufwärts gehen. Nach etwa 20 Min. erreichen wir eine Betonbrücke über den Fluss. Hier nach rechts. Nach einigen Metern zweigt nach rechts ein Steig ab. Er ist benannt nach Otto Schoerrig, dem Ausgräber der Burg und Erbauer des Steigs. Oben angelangt, wenden wir uns nach links.

Wir betreten das Burgareal der Turmburg Alt-Berneck von Süden auf einem schmalen Berggrat von wenigen Metern Breite. Die Zugangsseite der Burg schützt ein vorgelagerter kleiner Halsgraben von wenigen Metern Breite, der bei weitem nicht die Ausmaße der Gräben der späteren Burgen auf dem Schlossberg Bad Bernecks erreicht. Der Halsgraben endet nach links (Westen) bereits kurz danach an einem Feldabhang, nach rechts (Osten) verläuft der Graben im Gelände und endet am Heinersreuther Weg.

Für den weiteren Weg wählen wir nun nicht den Weg direkt steil auf den Hügel, sondern wenden uns nach links und halten uns in etwa auf gleicher Höhe. Es kann sich hier um den alten Zugang gehandelt haben, wie wir noch sehen werden.

Nach einigen Metern erreichen wir eine kleine, ebene Fläche, die ehemals zur Vorburg gehörte. Hier fand Schoerrig eine offene Feuerstelle mit Holzkohlenresten, Scherben und Spinnwirteln. Letztere gehörten zu einer Handspindel, der ursprünglichsten Form um Fasern zu verspinnen . Saßen dort vormals die Rittersleut bei einer zünftigen Grillfete beisammen? Natürlich nicht. Hier befand sich wohl ein Holzbau in Pfosten- bzw. Blockbauweise mit zeittypischer offener Feuerstelle. Der Rauch zog durch das Haus über Rauchöffnungen ab. Die Vorburg war ursprünglich sicherlich von einem Plankenzaun umgeben.

Nördlich des Hügels wurde auch ein mörtelgebundener Mauerrest mit einer Mauerdicke von etwa 2 Metern bei sechs Metern Länge entdeckt. Aufgrund der Lage und der Form kann dieser eigentlich nur als Teil des ehemaligen Berings gedeutet werden. Wenn wir vom Plateau aus auf den Hügel blicken, so können wir uns den Eindruck vorstellen, der diese frühe steinerne Burg auf den ehemaligen Besucher machte: Vor ihm der Aufgang von der Vorburg entlang einer hohen Mauer, darüber noch der Rundturm, der die Mauer noch überragte.

Gehen wir nun den ehemaligen Zugang zur Hauptburg über die noch erkennbare Rampe auf den Hügel. Oben angekommen entdecken wir, wenn wir genau hinsehen, eine annähernd rechteckige Geländeform. Diese eigentlich unnatürliche Geländeform könnte auf einem früheren Torbau an dieser Stelle deuten, ein typisches Ausstattungsmerkmal früher Burgen. Zwar ist kein Mauerwerk nachgewiesen, doch die Geländeform „riecht“ förmlich nach diesem Bauteil.

Etwas weiter finden wir die Überreste des Rundturms, dem neben dem Bering und dem hypothetischen Torbau dritten und wichtigsten steinernen Bauteil der Burg. Der Durchmesser des aus Diabas-Bruchsteinen errichteten Turms beträgt ca. 11 Meter bei einer Mauerstärke von über 2 Metern, dies entspricht einer Geschossfläche von ca. 40 qm. Die Fenster- bzw. Türgewände bestanden aus profiliertem Sandstein mit geometrischen Flächenverzierungen. Auch eine rund behauene Sandsteinsäule wurde gefunden, ging aber nach dem Weltkrieg verloren . Der Turm diente vor allem Wohnzwecken.

Der Baubestand kann in Analogieschlüssen ergänzt werden. Die einzelnen Stockwerke konnten üblicherweise durch Holztreppen erreicht werden, die Decken bestanden aus hölzernen Flachdecken. Der Eingang zum Turm befand sich einige Meter über dem Bodenniveau. Gekrönt wurde der Turm wurde eventuell von einem Zinnenkranz. Wahrscheinlich besaß der Turm auch einen Aborterker und einen Kamin. Fensterglas gab es zu dieser Zeit noch kaum.

Östlich des Turms nahm eine weitere Ebene einen ebenfalls zur Vorburg gehörenden, nach Schoerrig so genannten Wirtschaftsraum mit einer Abfallgrube auf. Die Wallgräben der Burg weisen keine Besonderheiten auf, sie sind lediglich im Vergleich zu späteren Burgen kleiner dimensioniert. Die Nordseite, dem von Natur aus am wenigsten geschützten Bereich, wurde zusätzlich mit einem doppelten Graben versehen. Im Osten wurde durch einen halbmondförmigen Graben eine kleinere Erhebung versteilt und vom Burgbereich abgetrennt.